Die ganzheitliche baubiologische Untersuchung

Der Standard der baubiologischen Messtechnik SBM 2015

Eine Übersicht der physikalischen, chemischen, biologischen, raumklimatischen und sonstigen Risikofaktoren, wel-che in Schlaf- und Wohnräumen, an Arbeitsplätzen und auf Grundstücken sachverständig untersucht, gemessen, ausgewertet und schriftlich (mit Angabe der Messergebnisse, Messgeräte und Analyseverfahren) protokolliert wer-den. Bei Auffälligkeiten werden entsprechende Sanierungsempfehlungen erarbeitet und vorgeschlagen.

Die einzelnen Punkte des Standards beschreiben biologisch kritische Umwelteinflüsse in Innenräumen. Deren professionelle Erkennung, Minimierung und Vermeidung im individuell machbaren Rahmen, das ist Sache der baubiologischen Messtechnik. Anspruch und Ziel ist es, unter ganzheitlicher Beachtung aller Standardpunkte und Diagnosemöglichkeiten ein möglichst gesundes, unbelastetes, naturnahes Lebensumfeld zu schaffen. Bei den Messungen, Bewertungen und Sanierungen stehen baubiologische Erfahrung, Vorsorge und das Erreichbare im Vordergrund, unterstützt von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Jede Risikoreduzierung ist prinzipiell anzustreben.

Dieser dreiteilige Original-Standard ist seit 1992 roter Faden und Basis für baubiologisch-messtechnisches Arbeiten und vorsorgliches Bewerten, das inzwischen international.

Der 2002 gegründete Verband Baubiologie VB macht den Standard mit den dazugehörigen Richtwerten und Randbedingungen zu seiner Arbeitsgrundlage.



Der ganzheitliche Ansatz der Baubiologie

A     FELDER, WELLEN, STRAHLUNG

  1. ELEKTRISCHE WECHSELFELDER (Niederfrequenz)
    Ursache: Wechselspannung in Installationen, Kabeln, Geräten, Steckdosen, Wänden, Böden, Betten, Frei- und Hochspannungsleitungen…
    Messung der niederfrequenten elektrischen Feldstärke (V/m) und der Körperspannung (mV) mit Bestimmung der dominierenden Frequenz (Hz) und von auffälligen Oberwellen
  2. MAGNETISCHE WECHSELFELDER (Niederfrequenz)
    Ursache: Wechselstrom in Installationen, Kabeln, Geräten, Trafos, Motoren, Frei- und Erdleitungen, Hochspannungsleitungen, Bahn…
    Messung und Langzeitaufzeichnung der niederfrequenten magnetischen Flussdichte (nT) von Netz- und Bahn- strom mit Bestimmung der dominierenden Frequenz (Hz) und von auffälligen Oberwellen
  3. ELEKTROMAGNETISCHE WELLEN (Hochfrequenz)
    Ursache: Mobilfunk, Daten-, Bündel-, Flug-, Richt-, Rundfunk, Radar, Militär, Schnurlostelefone, drahtlose Netzwerke, Funkgeräte…
    Messung der hochfrequenten elektromagnetischen Strahlungsdichte (µW/m²) mit Bestimmung der dominie- renden Frequenzen (kHz, MHz, GHz) bzw. Funkdienste sowie deren Signalcharakteristik (niederfrequente Pulsung, Periodizität, Breitbandigkeit, Modulation…)
  4. ELEKTRISCHE GLEICHFELDER (Elektrostatik)
    Ursache: Synthetikteppiche, -böden, -gardinen, -textilien, Kunststofftapeten, Lacke, Oberflächenbeschichtungen, Stofftiere, Bildschirme…
    Messung der statischen elektrischen Oberflächenspannung (V) sowie deren Entladezeit (s)
  5. MAGNETISCHE GLEICHFELDER (Magnetostatik)
    Ursache: Stahlteile in Betten, Matratzen, Möbeln, Geräten, Einrichtung, Baumasse…, Gleichstrom von Straßenbahn, Photovoltaikanlagen…
    Messung der Erdmagnetfeldverzerrung als statische räumliche Flussdichteabweichung (µT, Metall) bzw.
    zeitliche Flussdichteschwankung (µT, Gleichstrom) sowie der Kompassabweichung (°)
  6. RADIOAKTIVITÄT (Alpha-, Beta- und Gammastrahlung, Radon)
    Ursache: Baumasse, Steine, Fliesen, Schlacken, Aschen, Altlasten, Geräte, Antiquitäten, Lüftung, geologische Bodenstrahlung, Umwelt…
    Messung der radioaktiven Strahlung als Impulsrate (ips), Äquivalentdosisleistung (nSv/h) und Abweichung
    (%) sowie Messung und Langzeitaufzeichnung der Radonkonzentration (Bq/m³)
  7. GEOLOGISCHE STÖRUNGEN (Erdmagnetfeld, Erdstrahlung)
    Ursache: Ströme und Radioaktivität der Erde; lokale Störzonen durch z.B. terrestrische Verwerfungen, Spalten, Wasser, Lagerstätten…
    Messung von Magnetfeld (nT) und radioaktiver Strahlung (ips) der Erde und ihrer auffälligen Störungen (%)
  8. SCHALLWELLEN (Luft- und Körperschall)
    Ursache: Straßenlärm, Luftfahrt, Bahn, Industrie, Gebäude, Geräte, Maschinen, Motoren, Pumpen, Trafos, Windräder, Schallbrücken…
    Messung von Lärm, Hör-, Infra- und Ultraschall (dB), Schwingung und Vibration (m/s²)
  9. LICHT (künstliche Beleuchtung – sichtbares Licht, UV- und Infrarot-Strahlung)
    Ursache: Glühlampen, Halogenlicht, Leuchtstoffröhren, Energiesparlampen, LED, OLED, Bildschirme, Displays, VLC-Datenübertragung…
    Messung von elektromagnetischen Feldern (V/m, nT), Lichtspektrum, Spektralverteilung (nm), Lichtflim- mern (Hz, %), Beleuchtungsstärke (lx), Farbwiedergabe (Ra, R1-14), Farbtemperatur (K), Ultraschall (dB)
 

B    WOHNGIFTE, SCHADSTOFFE, RAUMKLIMA

  1. FORMALDEHYD und andere gasförmige Schadstoffe
    Ursache: Lacke, Kleber, Spanplatten, Holzwerkstoffe, Möbel, Einrichtungen, Geräte, Heizung, Lecks, Verbrennung, Abgase, Umwelt…
    Messung gasförmiger Schadstoffe (µg/m³, ppm) wie Formaldehyd, Ozon und Chlor, Stadt- und Industriegase, Erdgas, Kohlenmonoxid und Stickstoffdioxid sowie weitere Verbrennungsgase
  2. LÖSEMITTEL und andere leicht- bis mittelflüchtige Schadstoffe
    Ursache: Farben, Lacke, Kleber, Kunststoffe, Baumaterialien, Spanholz, Möbel, Einrichtungen, Beschichtungen, Verdünner, Pflegemittel…
    Messung flüchtiger Schadstoffe (µg/m³, ppm) wie Aldehyde, Aliphaten, Alkohole, Aromaten, Ester, Glykole, Ketone, Kresole, Phenole, Siloxane, Terpene und andere organische Verbindungen (VOC)
  3. PESTIZIDE und andere schwerflüchtige Schadstoffe
    Ursache: Holz-, Leder-, Teppichschutz, Kleber, Kunststoffe, Dichtungen, Beschichtungen, Schädlingsbekämpfung, Kammerjäger…
    Messung schwerflüchtiger Schadstoffe (mg/kg, ng/m³) wie Biozide, Insektizide, Fungizide, Holzschutzmittel, Teppichschutzmittel, Flammschutzmittel, Weichmacher, Pyrethroide, PCB, PAK, Dioxine
  4. SCHWERMETALLE und andere verwandte Schadstoffe
    Ursache: Holzschutz, Baustoffe, Geräte, Einrichtung, Baufeuchte, PVC, Farben, Glasuren, Sanitärrohre, Industrie, Altlasten, Umwelt…
    Messung anorganischer Schadstoffe (mg/kg) wie Leicht- und Schwermetalle (Aluminium, Antimon, Arsen, Barium, Blei, Cadmium, Chrom, Kobalt, Kupfer, Nickel, Quecksilber, Zink…), Metallverbindungen und Salze
  5. PARTIKEL und FASERN (Feinstaub, Nanopartikel, Asbest, Mineralfasern…)
    Ursache: Aerosole, Schwebstoffe, Staub, Rauch, Ruß, Bau- und Dämmstoffe, Lüftungs- und Klimaanlagen, Geräte, Toner, Umwelt…
    Messung von Staub, Partikelzahl und -größe, Asbest und sonstigen Fasern (/l, µg/m³, /g, %)
  6. RAUMKLIMA (Temperatur, Feuchte, Kohlendioxid, Luftionen, Luftwechsel, Gerüche…)
    Ursache: Feuchteschäden, Baufeuchte, Baustoffe, Lüftung, Heizung, Einrichtung, Atmung, elektrische Felder, Strahlung, Staub, Umwelt…
    Messung von Luft- und Oberflächentemperatur (°C), Luft- und Materialfeuchte (r.F., a.F., %), Sauerstoff (Vol.%), Kohlendioxid (ppm), Luftdruck (mbar), Luftbewegung (m/s) und Luftionen (/cm³) sowie der Luft- elektrizität (V/m), Feststellung von Gerüchen und der Luftwechselrate

 

C    PILZE, ALLERGENE, PARTIKEL

  1. SCHIMMELPILZE und deren Sporen sowie Stoffwechselprodukte
    Ursache: Feuchteschäden, Wärmebrücken, Baumängel, Baumaterialien, Sanierungsfehler, Lüftung, Klimaanlagen, Einrichtung, Umwelt…
    Messung und Bestimmung von kultivierbaren und nicht kultivierbaren Schimmelpilzen, Schimmelpilzsporen und Pilzbestandteilen (/m³, /cm², /dm², /g) sowie Stoffwechselprodukten (MVOC, Toxine…)
  2. HEFEPILZE und deren Stoffwechselprodukte
    Ursache: Nässebereiche, Hygieneprobleme, Lebensmittelvorrat, Abfälle, Küchengeräte, Wasseraufbereitung, sanitäre Einrichtungen…
    Messung und Bestimmung von Hefepilzen (/m³, /dm², /g, /l) und Stoffwechselprodukten
  3. BAKTERIEN und deren Stoffwechselprodukte
    Ursache: Nässebereiche, Fäkalienschäden, Hygieneprobleme, Lebensmittelvorrat, Abfälle, Wasseraufbereitung, sanitäre Installationen…
    Messung und Bestimmung von Bakterien (/m³, /dm², /g, /l) und Stoffwechselprodukten
  4. HAUSSTAUBMILBEN und andere Allergene
    Ursache: Milben, -kot und -stoffwechselprodukte, Insekten, Pilze, Pollen, Hygiene, Hausstaub, Haustiere, Duftstoffe, Feuchte, Umwelt…
    Messung bzw. Bestimmung der Milbenzahl und -exkremente, Pollen, Tierhaare, Allergene (/m³, /g)

 

 

Im Rahmen des baubiologischen Standards werden noch weitere Messungen, Analysen, Überprüfungen, Beratungen und Begutachtungen durchgeführt, z.B. des Leitungs- und Trinkwassers auf unter anderem toxische oder bakterielle Verunreinigungen, von Baumaterialien, Möbeln, Geräten und Einrichtungen, von Haus- und Holzschädlingen, auch Beratungen und Planungen für anstehende Projekte, Sanierungen, Renovierungen und Baubegleitungen.

Zu diesem Standard gehören die aktuellen baubiologischen Richtwerte für Schlafbereiche, welche speziell für das Langzeitrisiko und die besonders empfindliche Regenerationszeit des Menschen entwickelt wurden, und die messtechnischen Randbedingungen, Erläuterungen und Ergänzungen, in denen unter anderem die Kriterien für baubiologisch-sachverständige Messungen und Analysen näher beschrieben und festgelegt sind.

Der Standard nebst Richtwerten und Randbedingungen wurde in den Jahren 1987 bis 1992 von der BAUBIOLOGIE MAES im Auftrag und mit Unterstützung des Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN entwickelt. Kolleg(inn)en und Ärzte haben mitgeholfen. Er wurde erstmals im Mai 1992 publiziert. Standard, Richtwerte und Randbedingungen werden seit 1999 von erfahrenen baubiologischen Sachverständigen mit Unterstützung von unabhängigen Wissenschaftlern aus den Bereichen Physik, Chemie, Biologie, Architektur, von Laboren, Umweltmedizinern und anderen Experten mitgestaltet. Dieser aktuelle SBM-2015 ist die 8. Neuerscheinung, vorgestellt im Mai 2015.